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#Hochschulen4Future und Future for Hochschulen

Plus: Spoiler – Erfolgreiche Tage am Jahresende für das netzwerk n

Berlin, 05.-06.12.2019. Die Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 – angesiedelt am IASS in Potsdam und von der Bundesregierung eingesetzt zur wissenschaftlichen Begleitung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – hat zu ihrer ersten Jahrestagung nach Berlin Mitte eingeladen. Über zwei Tage hinweg diskutierten Wissenschaftler_innen, Akteure aus der Zivilgesellschaft, der Beratung und der Politik miteinander in Kleingruppen und im großen Plenum des Umweltforums die großen und schwierigen Fragen des Verhältnisses zwischen Wissenschaft, Politik und Nachhaltigkeitstransformation. Gekommen waren (es gab eine kleine Abstimmung per Handzeichen im Plenum) vor allem Wissenschaftler_innen – und das netzwerk n als zivilgesellschaftlicher Akteur, der die Nachhaltigkeitstransformation der deutschen Hochschulen von unten vorantreibt.

Diskutiert wurde – mal wieder – über die Herausforderungen der Wissenschaftskommunikation, die Verbindung von Exzellenz und Verantwortung, die Verankerung von Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftstheorie in Studiengängen und auch die Rolle von wissenschaftlicher Politikberatung für eine nachhaltige Transformation in der Gesellschaft. Und diskutiert wurden – mal wieder – gemeinsame Herangehensweisen und nächste Schritte sowie worüber man sich bereits einig ist (Problembeschreibung, Handlungsdruck; „Viel Wissen zu den Problemen, aber wenig konkretes Wissen zu den Lösungen vorhanden“ etc.) und worüber eben noch keine Einigkeit besteht (Welche Rolle kann und sollte die Wissenschaft innerhalb der gesamtgesellschaftlichen Transformation einnehmen? Braucht es ein neues Verständnis von Wissenschaft? Welche konkreten Lösungswege sind wann von wem und durch wen vorangetrieben sowie finanziert anzugehen? Wie definiert man das Verhältnis von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit? … und viele mehr).

Hochschulen for Future – ja, aber wie?

Der Beitrag des netzwerk n: In einem der Fachforen direkt zu Beginn der Konferenz konnten Jana und Josef aus unserem Vorstand zusammen mit Mandy Singer-Brodowski vom Institut Futur an der FU Berlin und Pascal Kraft von der Fridays for Future Gruppe der HU Berlin konkrete Ideen zu #Hochschulen4Future diskutieren. Drei spannende Inputs zu 1) Nachwuchswissenschaft zwischen Karrierezwängen und Transformationswillen, 2) Hochschulen als Experimentier- und Protesträume und 3) Lehre for Future – BNE in der Hochschullehre leiteten das Forum ein. Die von Selbstreflexion, Meta-Perspektiven und klugen Fragen geprägten Inputs öffneten vielfältige Möglichkeiten, gemeinsam über Status quo, Veränderungsräume und Hürden einer Transformation der deutschen Hochschulen zu diskutieren. Wir haben zwar am Ende nicht die Zauberformel für #Hochschulen4Future gefunden, konnten aber spannende Ansätze an- und weiterdiskutieren: so u.a. Projekttutorien á la HU Berlin, die Rolle von BNE und vor allem auch der entsprechenden Didaktik innerhalb der Hochschule. Wir bleiben dran an unserer Forderung nach mehr #Hochschulen4Future und mehr Future innerhalb der Hochschulen. Wie dies aussehen könnte, wurde im Anschluss in vielen Diskussionen weiter thematisiert:

Future for Hochschulen

Aus dem intensiven und vor allem frontal im Plenum stattfindenden Programm der zwei Tage möchten wir außerdem folgende Eindrücke mit euch teilen:

Markus Vogt von der LMU München betitelte Nachhaltigkeit als das Querschnittsthema schlechthin. Um dieses zu bearbeiten, müssen wir noch viel mehr auf Interdisziplinarität setzen – mit einem klaren Fokus auf INTER, denn die Begegnung von unterschiedlichen Menschen und Denkweisen braucht konkrete Orte und neue Formen. Interdisziplinarität muss mit Methodenbewusstsein mit Leben gefüllt werden – hierfür braucht es u.a. mehr wissenschaftstheoretisches Wissen und eine dazugehörige Weiterbildung. Weiterhin sei Nachhaltigkeit nur durch Innovationen und Transformationen zu bearbeiten. Und Vogt war sich sicher: Das kann die Wissenschaft bereits, Innovationen seien ihr Steckpferd. Es gelte nun, neben technischen Innovationen vor allem auch neue mentale Infrastrukturen zu begehen sowie neue Ideen und innovative unternehmerische Tätigkeiten zu fördern. So müsse die kulturelle und soziale Dimension der technischen Innovationen beachtet werden. Die Förderung und Reflexion des Innovationsdenkens sah er als Beitrag der Wissenschaft. Nachhaltigkeit sei außerdem normativ. Deren normativer Anspruch passe nicht mit unserem aktuellen und lange gewachsenen wissenschaftlichem Grundverständnis zusammen. Es gehe bei Nachhaltigkeit zumindest bezüglich der Bearbeitung dieser mehr um Normen als um Fakten. Andererseits könnten hier insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften gut ansetzen und die Zielkonflikte und gerechtigkeitstheoretische Prämissen der Nachhaltigkeit beforschen. Hier gäbe es noch tatsächliche Forschungsdesiderate, hier fehle es an Analysen.

Astrid Eichhorn von der Jungen Akademie reflektierte u.a. über eine Wissenschaft, die auch in ihrem Wissenschaftsbetrieb nachhaltig ist. Hier gehe es…

  1. um den hohen CO2-Abdruck von Wissenschaftler_innen durch internationale Konferenzen. Dieses Spannungsfeld zwischen Internationalisierung und Nachhaltigkeit in Bezug auf die geforderte Mobilität gelte es im Sinne der Glaubwürdigkeit der Wissenschaft zu diskutieren und zu hinterfragen, denn aktuell seien die Anreize falsch gesetzt.
  2. um eine andere Art der Kommunikation, denn wissenschaftliche Erkenntnisse müssen klar und verständlich kommuniziert werden, inklusive aller Unsicherheiten und der Vorläufigkeit der Ergebnisse. Für sie ist eine gute Kommunikationsfähigkeit kein add on oder soft skill, sondern eine entscheidende Kompetenz verantwortungsbewusster und guter Forschung. Auch hier würden aktuell die Anreize falsch gesetzt und der Outreach der eigenen Forschung sollte innerhalb der wissenschaftlichen Karriere mehr beachtet und honoriert werden.
  3. darum, dass bezüglich der großen Herausforderungen, die mit Nachhaltigkeit einhergehen und bisweilen so groß sind, dass sie auch lähmen können, die Wissenschaft auch positiv, utopisch und visionär denken, diskutieren, und kommunizieren sowie sich positionieren sollte.

Frau Eichhorn resümierte schließlich: Wie können wir selbst Veränderungen fordern, wenn wir nicht auch Veränderungen in der Art und Weise wie Wissenschaft gemacht wird angehen? Hier gibt es eine Notwendigkeit, selbstkritisch und ergebnisoffen zu diskutieren!

Kritische reflektierte u.a. auch Jetta Frost von der Universität Hamburg, dass es innerhalb der Wissenschaft auch einige institutionelle Log-in Effekte gibt, so u.a. die nicht-nachhaltige Publikationspraxis sowie, dass diejenigen, die sich bereits durch das System gekämpft haben und erfolgreich waren (Professor_innen, Hochschulleitung), dieses nun durch das Bestehen auf dem Status quo aufrecht erhalten.

Weitere Erkenntnisse aus der Diskussion waren:
Die Komplexität der Transformationsprozesse erfordert eine Kommunikation und Vorgehensweise, die dieser gerecht wird – verstehend, fragend, kritisch und reflektiert – sodass uns die Komplexität und Unsicherheit nicht am Handeln und Ausprobieren hindert.

  • Transformationsprozesse sind immer politisch, also gesellschaftlich auszudiskutieren und mit Wertentscheidungen verbunden – das sollte die Wissenschaft nicht vergessen, sondern sich aktiv in die Debatten einbringen und diese mitgestalten.
  • Es braucht auch Veränderungsbereitschaft hinsichtlich Allianzen, Methoden, Fragestellungen und Zielvorstellungen.
  • Sektoren-, Disziplinen- und Ressortübergreifend zu handeln ist eine Haltungsfrage – und wir brauchen mehr von dieser Haltung.

Auf der Abschlussveranstaltung am Freitagmittag kam dann noch das Highlight (zumindest aus netzwerk n Perspektive), denn Martin Visbeck und Dirk Messner wurden zu ihrem Abschied als Co-Vorsitzende der Wissenschaftsplattform jeweils eine n-Fördermitgliedschaft als Geschenk überreicht. Wir finden: Eine großartige Idee, die ab jetzt zum Standard werden sollte, wenn es etwas zu danken oder zu verschenken gibt – keine Blumen, kein Krimskrams, super wirksam, super Medienwirksam!
Es lässt sich also durchaus sagen: erfolgreiche Tage zum Jahresende für das netzwerk n!